9. November 2020 - Kroatien zu Corona-Zeiten

Zugegeben: Am Anfang war ich nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, in Zeiten von Corona und dramatisch klingenden Reisewarnungen in ein Risikogebiet wie Kroatien zu fahren. Eines vorweg: Ich habe es nicht bereut.

Aber der Reihe nach.

Hauptgrund der Reise waren diverse Besorgungen im Rahmen unserer Städtepartnerschaft, aber natürlich auch, unsere Freunde mal wieder zu sehen und ein paar Tage in diesem wunderschönen Land zu verbringen.

Vor der Abreise das übliche Procedere: Mautpickerl besorgen, Videomautbox aufladen und -unüblich- zum Doktor wegen Corona-Test, denn ich wollte, daß unsere Freunde sicher sind, daß ich sie nicht anstecke. Das Positive: Der Test war negativ.

Die Anreise mutete seltsam an. Kaum Autos auf den Straßen, an den Grenzen Nichts los. War es also doch eine Reise, wie nach Tschernobyl?

Weit gefehlt. In Dalmatien erwartete mich strahlender Sonnenschein bei gut 20 Grad. Bei der Begrüßung wurde dann schon klar, daß wir in besonderen Zeiten leben. Keine feste Umarmung, keine Küsschen, stattdessen die "Corona-Faust". Der Herzlichkeit tat das aber keinen Abbruch. Alle unsere Freunde waren stets gut gelaunt. 
Skurill ist es halt, wenn für dalmatinische Verhältnisse ungewohnt, sämtliche Fenster aufgerissen werden und man sich wegen der Bauarbeiten draußen kaum unterhalten kann. Als mir dann nach dem Händewaschen das Desinfektionsmittel gereicht wird, ist mir klar, daß die Regeln auch in Kroatien eingehalten werden.

Erschreckend ist die Angst vieler Leute vor dem Krankenhaus. Wer drin ist, will schnellstmöglich wieder raus. Wer draußen ist, will möglichst nicht hinein. Darum hält sich die Begeisterung für Corona-Tests sehr in Grenzen.

Die Maske gehört auch in Dalmatien zum Alltagsbild. In den Geschäften und Restaurants wird sie konsequent getragen. Auf dem Markt und dem Fischmarkt haben die meisten, insbesondere alte Leute eine auf. Auch das Abstand halten ist ganz normal und wird beachtet.
Gejammert wird darüber übrigens nicht...

Die finanzielle Situation ist bei vielen Familien aufgrund der katastrophalen Tourismus-Saison nicht gerade rosig. Aber von Aufgeben keine Spur. Irgendwie wird (und muß) es weitergehen. Eine kleine Linderung verspricht da der Verkauf der hausgemachten Produkte. Gerade das Olivenöl aus Trogir ist bei uns in der Gemeinde Vaterstetten ein Renner.

Eingeschränkt ist auch das öffentliche Leben: Alle Feierlichkeiten rund um das Stadtfest Sveti Ivan am 14. November sind abgesagt. Lediglich die Messe und die Prozession werden stattfinden. Die Ehrungen verdienter Bürger wird es nur in kleinem Rahmen geben. Das Winterspektakel, das in den letzten Jahren für viel Begeisterung sorgte, steht vor der Absage.

Nach fünf Tagen mit vielen netten Begegnungen und schönen Momenten trete ich die Reise mit einem bis auf den letzten Kubikzentimeter beladenen Auto nach Hause an. Dies alles in dem sicheren Gefühl, sich richtig entschieden zu haben.

Zu Hause melde ich mich beim Gesundheitsamt als Rückkehrer aus dem Risikogebiet an. Nach einem negativen Corona-Testergebnis und einem knappen Tag ist die auferlegte Quarantäne schon wieder aufgehoben.

Während in Vaterstetten rund 50 akut infizierte Personen gezählt werden, ist es in Trogir eine Handvoll. Welche Zahlen nun stimmen oder nicht, kann ich nicht prüfen, frage mich allerdings, wo jetzt für wen das Risikogebiet ist.

Am 8. November verschärft unsere Regierung die Einreisebestimmungen. Damit ist es de facto vorerst vorbei mit Reisen in unsere wunderschöne Partnerstadt mit ihren liebenswerten Menschen.
Aber wir kommen wieder! 

Ostanite zdravi! Bleibt gesund!

Michael Baier