Auch Trogir feiert Freispruch für die Ex-Generäle Gotovina und Markać
Der kroatische Ex-General Ante Gotovina ist am 16. November vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag im Berufungsverfahren freigesprochen worden. In ganz Kroatien jubelten und feierten zehntausende Menschen das überraschende Urteil.

Auch in Trogir fand am Abend eine große Feier mit der Taxi-Band und einem Feuerwerk auf dem Trg Ivana Pavla vor dem Rathaus statt. Bereits am Vorabend wurde in Sveti Lovro wie in vielen anderen Kirchen Kroatiens auch eine Messe für die beiden Ex-Generäle zelebriert.
Ibrahim Smlatić kommentierte das Geschehen so: "Das bedeutet für uns, nicht nur Freiheit für Generäle, sondern das Ende des Krieges. Jetzt endlich sind wir frei und die Welt (Gericht) hat anerkannt, daß es keine Kriegsverbrecherunion oder die Absicht, alle Serben zu töten gab. Es stimmt nicht, daß es zu viele Bombenangriff auf Knin gab."
Auch in Facebook kam es zu unzähligen Freudenbekundungen, auch die Münchner Kroaten organisierten Spontanfeiern.

Die Berufungskammer des Tribunals sprach neben Gotovina am Freitag auch den mitangeklagten Ex-General Mladen Markač frei. Die beiden waren vom UN-Tribunal 2011 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Vorgehen gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien zu 24 Jahren und 18 Jahren Haft verurteilt worden. Nun urteilte das Tribunal jedoch, es sei nicht erwiesen, dass die Vertreibung von rund 200 000 Serben am Ende des kroatischen Bürgerkrieges (1991-1995) durch die beiden wichtigsten Offiziere des damaligen Heeres geplant war.

Wenige Stunden nach dem Urteil waren Gotovina und Markač frei, stiegen in das persönliche Flugzeug des kroatischen Präsidenten und wurden in der Hauptstadt Zagreb begeistert empfangen.
„Kroatien ist unschuldig!“, bejubelte die Tageszeitung Wetschernij List die Entscheidung - die spektakulärste Kehrtwende in fast zwei Jahrzehnten des UN-Tribunals - als gleichsam historische Rechtfertigung des kroatischen Vorgehens im Jugoslawienkrieg. In Serbien dagegen war die Reaktion empört: Präsident Tomislav Nikoli
ć nannte das Urteil „eine politische Entscheidung“, die „nicht zur Stabilisierung der Situation in der Region beitragen und alte Wunden wiederaufreißen wird“.

Die Realität ist, wie meist, kompliziert. Kroatien im Sommer 1995: Gut vier Jahre dauert der Krieg im ehemaligen Vielvölkerstaat Jugoslawien bereits. Gleich zu Beginn haben serbische Milizen, unterstützt vom Regime des in Belgrad regierenden Diktators Slobodan Milošević, die Krajina im Osten und Süden Kroatiens erobert - und dabei so flächendeckend vergewaltigt, gemordet und gebrandschatzt, dass Hunderttausende Kroaten fliehen.

Doch im Sommer 1995, die kroatische Armee hat sich auch mit Hilfe von US-Militärtrainern neu formiert, folgt die Revanche. Am 31. Juli 1995 plant Präsident Franjo Tudjman mit hohen Offizieren die Operation Sturm, die Rückeroberung der Krajina. Ante Gotovina, einer der kommandierenden Generäle der Offensive, stellt bei dem Treffen fest, schon jetzt verließen viele Zivilisten die Region. „Wenn wir den Druck fortführen, werden nicht mehr so viele Zivilisten da bleiben.“ Auch Mladen Markač ist dabei, als Kommandeur der militärähnlichen Sonderpolizei des Innenministeriums.

Bei der Offensive vom 4.-7. August 1995 treiben 200 000 kroatische Soldaten etwa 40 000 serbische Milizangehörige aus der Krajina. Die kroatischen Soldaten und Polizisten beschießen die Städte Knin, Gračać, Obravać und Benkovać mit Granaten; sie plündern, morden und zünden Häuser an, mitunter samt noch lebenden serbischen Bewohnern. Das Belgrader Infozentrum Veritas dokumentiert später den Tod von 1250 Zivilisten. Etwa 160 000 serbische Zivilisten fliehen. Es ist die größte Einzelepisode ethnischer Vertreibung im gesamten Jugoslawienkrieg. Für Kroatien ist der Krieg so gut wie beendet, Gotovina und Markač werden als Helden gefeiert und der 5. August seitdem als „Tag des Sieges und der Dankbarkeit“.

Auf dem Hauptplatz in Zagreb wurde die Urteilsverlesung auf einem riesigen Bildschirm vor tausenden Menschen direkt übertragen. Ganz Kroatien reagierte auf den Freispruch der beiden Generäle mit unbeschreiblichem Jubel. Zehntausende Menschen feierten auf den zentralen Plätzen aller größeren Städte. Die Menschen lagen sich nach dem Urteil weinend und singend in den Armen.

Beim Urteilsspruch im Jahr 2011 hatte es geheißen, Gotovina sei für Mord und Plünderungen bei der Vertreibung von 200 000 Serben während der Balkan-Kriege 1995 verantwortlich. Damals seien Dutzende Menschen ums Leben gekommen, als während der Wiedereinnahme der Krajina-Region durch kroatische Kräfte Städte und Dörfer beschossen wurden. Gotovina hatte sich für nicht schuldig erklärt.

Quelle: Tagesspiegel Berlin, Süddeutsche Zeitung, Fotos: Ružica Jakšić